13. Mai 2014
Ein politisches Plädoyer
von Hıdır Eren Çelik
Es ist kein Schicksal.
Es ist kein Unglück.
Es ist kein Freitod.
Es ist Mord.
Es ist ein schwarzer Tag für uns Kumpel unter Tage.
Die toten Kumpel aus der Tiefe der Erde in Soma
klagen gegen die unbegrenzte Habgier des Kapitalismus.
Die Klagelieder der Frauen bündeln wellenartig eine Welle von Solidarität
über die Grenzen durch die Welt.
Die Kameras zeigen Krokodilstränen der Politiker, die dies als Schicksal predigen.
Erbost, wütend antwortet die Staatmacht auf jede Kritik und Solidarität von der Straße.
Es ist die Angst, die Politiker aggressiv und zynisch macht.
In Trauer und Entsetzen werden die toten Kumpel geborgen aus der dunklen Grube.
Profit und Habgier der Kapitalisten kennen keine Grenzen.
Es schwebt eine schwere Luft durch die dunkle Grube wie ein Gespenst,
langsam atmen unsere Lungen,
unsere Herzen schlagen langsamer denn je.
Traurige Gesichter sind überall,
die Kinder weinen um ihre Väter,
die Mütter um ihre Kinder,
die Frauen um ihre Männer,
die Väter um ihre Söhne.
Dieselben Augen,
Dieselben Klagen,
die wir als Kumpel weltweit tragen.
Unsere Sehnsüchte und Schmerzen sind sogleich,
dass wir gleiches Lächeln an unseren Gesichtern tragen.
Unter Tage ist unsere Welt,
wir arbeiten Schulter an Schulter in dunklen tiefen Gruben.
Ausgeschlossen vom Tageslicht schuften wir Tag für Tag um ein besseres Leben,
das blieb uns aber verborgen.
Beim Sterben liegen wir nebeneinander in unseren Totenbett,
klagen wir gemeinsam die Habgier des Geldes an,
zu unseren Lebzeiten hatten wir keinen Wert.
Mit dem Geld kauft man unseren Tod.
Unsere Frauen sollen keine schwarzen Kleider tragen,
die Habgier betrachtet unseren Tod nicht als Unglück, denn sie denkt nur an Profit,
unermüdlich arbeiten wir, um an kalten Wintertagen die Häuser zu erwärmen,
damit eure Kinder nicht erfrieren.
Während die Sonne da draußen scheint,
arbeiten wir in dunklen tiefen Gruben.
Während die Nacht ausbricht,
hammern wir in der Tiefe der Erde.
Uns ist das ganze Jahr eine Nacht,
nur in unseren Augen scheint die Sonne,
unser Lächeln wärmt unsere Körper,
so sind wir die Kumpel unter Tage.
Ausgegraben aus der Tiefe der Erde,
werden wir in die Erde begraben.
Es ist ein Wahnsinn.
Er presst die Luft wie eine dunkle Nacht in unsere Herzen.
Er nahm uns ins Grab.
Unsere Muskeln können nicht mehr einhämmern.
In unseren Gedanken schaukeln wir unsere Zukunft hin und her.
Unsere Gedanken sind bei unseren Kindern, die draussen auf uns warten.
Gebt uns unsere Toten, schreien unsere Mütter.
Gebt uns unsere Väter, schreien unsere Kinder.
Gebt uns unsere Männer, schreien unsere Frauen.
Gebt uns unsere Kumpel, schreien weltweit die Bergarbeiter.
Wir lassen euch Hunderte von Waisenkindern.
Unermesslich, unsere Trauer.
Wir klagen die Habgier des Kapitalismus an,
die für noch mehr Profit das Leben von uns nimmt wie ein Raubtier.
Es ist die Habgier, die uns lebendig einschloss in dunkler Tiefe der Erde.
(Veröffentlicht am 20.05.2014 auf www.migrapolis-deutschland.de)