Handbuch zur interkultulturellen Arbeit

9783938114605Aspekte Erfahrungen Perspektiven
2011
206 S., Broschur
ISBN 978-3-938114-60-5
€ 17.90

Mit diesem Buch wird der Versuch unternommen, unterschiedliche Aspekte und Perspektiven in der Migrations- und Interkulturellen Arbeit, welche die EMFA (Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit/Integrationsagentur Bonn) und das Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen ( BIM) e.V. in Projektarbeiten in den letzten 20 Jahren (1990 – 2010) ausgeübt und umgesetzt haben, als gewonnene Erkenntnisse zu bündeln und wiederzugeben. Das Buch ist gedacht als Lektüre für die Praxis der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen sowie der Akteure in der Migrationsarbeit auf der kommunalen Ebene. Es soll ihnen neue Erkenntnisse vermitteln, um die zukünftige Arbeit in den Sozialräumen neu zu gestalten.

Es ist ein Versuch, gegenwärtige Fragen des Miteinanders und des Zusammenlebens aktuell und perspektivisch zu beantworten. Damit soll ohne Zukunftsangst ein gelungenes Miteinander in der Gesellschaft durch eine vorurteilsfreie Begegnung möglich werden. Es ist zugleich eine kritische Bestandaufnahme mehrerer interkultureller Projekte, die in der Praxis erprobt wurden und abgeschlossen sind.

Es gibt keine Patentrezepte für die vielfältigen und komplizierten Fragen einer Einwanderungsgesellschaft. Die Probleme des Zusammenlebens vieler Kulturen können nicht ohne Konflikte von heute auf morgen gelöst werden. Dennoch versuche wir mit diesem Buch, Lösungen für ein gelungenes Miteinander in der Gesellschaft durch Konzepte und Maßnahmen aufzuzeigen, die in den Sozialräumen nachhaltig angelegt und gestaltet werden sollen, damit langfristige Perspektiven entwickelt werden können. Ohne konzeptionelle Arbeit wird es schwierig werden, neue Ansätze zu bearbeiten und sie erfolgreich in der Praxis zu erproben.
Es ist an der Zeit, dass sich die Migrations- und Interkulturelle Arbeit im politischen Diskurs aus der Befangenheit der Begriffe rettet. Die gegenwärtige Diskussion über die Begriffe wie „Integration“, „Assimilation“ , „Multikultur“ „Akkulturation“, „Segregation“ u.a. sind irreführend. Sie werden letztlich von den Menschen nicht so verstanden, wie Soziologen und Gesellschaftswissenschaftler sie definieren. Es ist wichtig, dass die Wissenschaftler sich mit diesen Begriffen auseinandersetzen und versuchen, sie zu erklären. Aber es ist viel wichtiger, dass sie sich mit den Ursachen der Migration und dem Zusammenleben der Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen beschäftigen. Sie sollten Lösungsansätze für ein gelungenes Miteinander anbieten, damit in den Sozialräumen, in Vororten der Städte und Kommunen, dort wo die Menschen in Nachbarschaft zusammenleben, sich ein echtes Miteinander entwickeln kann.

Wir haben es heute mit einer neuen gesellschaftlichen Dimension der Einwanderungsgesellschaft zu tun, in der die Diskussionen oft über Klischees und durch Medien produzierte Bilder geführt werden. Einerseits gibt es Bilder von vollständig verhüllten, schwarz gekleideten, Burka tragende Frauen mit entstehenden Minaretten und Moscheen im Hintergrund. Andererseits erzeugen radikal-islamische Fundamentalisten durch Bilder nackter Frauen und Betrunkenen bei Muslimen Angst um den Verlust ihrer Identität in westlichen Gesellschaften und Demokratien. Es besteht also eine Abwehrhaltung von beiden Seiten, welche die Gesellschaft spaltet und die sogenannte „gelungene Integration“ verhindert. Die Frage ist, wie viel Integration unsere Gesellschaft benötigt und ob wir überhaupt eine Integration brauchen. Um diese Frage zu beantworten, sollten wir folgenden Fragen nachgehen: Wo werden wir als Gesellschaft in zwanzig bis dreißig Jahren stehen? Wie werden unsere Städte und Kommunen aussehen? Ist die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft überhaupt auf diese Entwicklung vorbereitet, um der durch Abwehrhaltung untereinander verbreiteten Angst begegnen zu können? Welche Konzepte und Maßnahmen werden getroffen, damit ein spannungsfreies und gewaltloses Zusammenleben in den Kommunen zustande kommt und ein friedliches Miteinander funktioniert?

Hier spielen sozialraumorientierte Konzepte eine wichtige Rolle. Dabei ist zu beachten, dass diese Projekte Menschen ansprechen und sie zum Mitmachen begeistern. Ein Projekt, welches den Stadtteilbewohnern keine Orientierung gibt, wird nicht erfolgreich sein. In den Sozialräumen werden zahlreiche Projekte gefördert, die zum Teil ohne Beteiligung und Mitwirkung der betroffenen Personen ohne eine nachhaltige Wirkung zu Ende geführt werden.

Um einen Einblick in die Projektarbeit zu gewinnen, werden in dem vorliegenden Handbuch auch Beiträge veröffentlicht, die sich kritisch mit in der Praxis erprobten Interkulturellen Projekten auseinandersetzen und zeigen, wie ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft funktionieren kann. Deswegen ist es besonders wichtig, über einige Erfahrungen aus der Projektarbeiten aus Bonn zu berichten, die exemplarisch darstellen, wie in den Kommunen gearbeitet wird. Darüber hinaus bietet das Buch auch aktuelle sozialwissenschaftliche Befunde und Forschungsergebnisse, um daraus adäquate Ansätze und Konzepte zum Beispiel zur Verbesserung der Sozialarbeit (Markus Ottersbach, Uli Gilles) oder der Gesundheitssituation älterer Zuwanderer darzustellen (J.M. Heveling-Fischell).
Die Projekterfahrungen der EMFA und des BIM e.V. in Bonn zeigen, wie bedeutsam es ist, in den Kommunen die Integrationsarbeit zukunftsorientiert und nachhaltig zu gestalten. Diese Projekte vermitteln Erkenntnisse an die Multiplikatoren in der Migrationsarbeit sowie an die Studierenden der Sozialwissenschaften, Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Studenten der geisteswissenschaftlichen Fächer wie z.B. Politikwissenschaften, Soziologie und Ethnologie. In der Projektarbeit angewandte Methoden und Arbeitsergebnisse der Interkulturellen Arbeit werden einen Überblick zu den wichtigsten Fragestellungen und Komplexen in Sozialräumen schaffen. Die Erörterung der kommunalpolitischen Strukturen und Handlungsfelder dient dem Ziel Anstöße für eine zeitgemäße Gestaltung gesellschaftlicher Entwicklung in Sozialräumen anzubieten.

Somit versteht sich dieses Buch als eine Einführung in Interkulturelle Lernprozessesse der dargestellten Einzelfragen und Auseinandersetzungen. Sie will einerseits in der Kommunalpolitik ein neues politisches Denken veranlassen, andererseits versucht sie, den Akteuren für ihre Arbeit praxisorientierte Methoden zur Verfügung zu stellen, sie zu ermuntern in der interkulturellen Arbeit erprobte Methoden anzuwenden und zu erweitern.

 

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